Die meisten Aquarien werden mit einem Innen- oder Außenfilter betrieben. Doch es gibt auch eine alternative Methode, die besonders unter erfahrenen Aquarianern diskutiert wird: das Aquarium ohne Filter. Was im ersten Moment widersprüchlich klingt, kann bei richtiger Umsetzung tatsächlich funktionieren – und sogar Vorteile mit sich bringen.
Was bedeutet „Aquarium ohne Filter“?
Ein Aquarium ohne Filter verzichtet bewusst auf eine technische Wasserfilterung. Stattdessen verlässt man sich auf ein ausgeglichenes biologisches Gleichgewicht. Dabei übernehmen Pflanzen, Mikroorganismen und gegebenenfalls Bodengrundbewohner die Rolle der Wasserreinigung.
Wie kann das funktionieren?
In einem gut eingefahrenen Aquarium übernehmen Bakterien, Algen und Pflanzen einen Großteil der Filterleistung. Stickstoffverbindungen wie Ammonium und Nitrit werden von nitrifizierenden Bakterien abgebaut. Gleichzeitig nehmen Pflanzen Nitrat und andere Nährstoffe auf. Die Voraussetzung: ein stabiles, eingefahrenes Becken mit geringer Besatzdichte und einer perfekt abgestimmten Bepflanzung.
Für wen ist ein Aquarium ohne Filter geeignet?
Diese Methode eignet sich vor allem für:
- Erfahrene Aquarianer mit fundiertem Wissen über Wasserchemie und biologische Kreisläufe
- Aquarien mit geringem Fischbesatz, z. B. Nano-Aquarien mit Garnelen oder Schnecken
- Liebhaber von naturnahen, pflanzenbetonten Becken (Stichwort: Walstad-Methodik)
Welche Pflanzen eignen sich besonders?
Für ein Aquarium ohne Filter sind schnellwachsende, nährstoffzehrende Pflanzen essenziell. Dazu gehören:
- Anubias
- Hornkraut (Ceratophyllum demersum)
- Wasserpest (Elodea densa)
- Schwimmpflanzen wie Muschelblume oder Froschbiss
Diese Pflanzen nehmen überschüssige Nährstoffe direkt aus dem Wasser auf und helfen, ein stabiles Milieu zu schaffen.
Welche Risiken bestehen?
Ein Aquarium ohne Filter verzeiht keine Fehler. Schon kleine Ungleichgewichte – etwa zu viel Futter, zu wenig Pflanzen oder ein plötzlicher Fischbesatz – können das System zum Kippen bringen. Ohne mechanische Filterung setzt sich Mulm schneller ab, und Sauerstoffmangel kann entstehen. Eine gute Beobachtungsgabe und Erfahrung sind daher unverzichtbar.
5 Profi-Tipps für dein Aquarium ohne Filter
- Langsame Besatzsteigerung: Starte mit wenigen Tieren und erhöhe den Besatz nur sehr langsam.
- Pflanzen sind Pflicht: Setze auf dichte Bepflanzung – je mehr Biomasse, desto stabiler das System.
- Wasserwechsel bleiben wichtig: Auch ohne Filter solltest du regelmäßig 20–30 % des Wassers wechseln.
- Beleuchtung anpassen: Nutze schwächere Beleuchtung oder reduziere die Beleuchtungsdauer, um Algen vorzubeugen.
- Keine Überfütterung: Füttere sparsam – was nicht gefressen wird, belastet das Wasser stark.
Brauche ich überhaupt Technik?
Ein Filter ist verzichtbar – andere Technik nicht unbedingt. Eine Heizung kann je nach Tier- und Pflanzenart notwendig sein. Auch eine Beleuchtung wird meist benötigt. In manchen Fällen setzen Aquarianer auf kleine Luftpumpen oder sogenannte „Hamburger Mattenfilter“ als Notlösung, um Sauerstoff zuzuführen.
Welche Tiere eignen sich für ein Aquarium ohne Filter?
Wichtig ist, dass die Tiere an wenig sauerstoffreiche Umgebungen angepasst sind und nur geringe Wasserbelastung erzeugen. Geeignet sind etwa:
- Zwerggarnelen wie Neocaridina davidi
- Südamerikanische Zwergpanzerwelse (Corydoras pygmaeus)
- Kleine Labyrinthfische wie Betta splendens (mit Vorsicht!)
- Posthornschnecken oder Blasenschnecken
Vorteile eines Aquariums ohne Filter
- Kein Stromverbrauch durch Filtertechnik
- Verringerte Geräuschkulisse
- Mehr Platz im Becken
- Stärkere Orientierung an natürlichen Kreisläufen

Worauf du bei der Einrichtung achten solltest
Ein Aquarium ohne Filter muss von Anfang an gut geplant sein. Nimm dir Zeit für den Bodengrund (z. B. nährstoffreiches Soil), achte auf eine dichte Bepflanzung und setze die Tiere erst ein, wenn das Becken wirklich stabil läuft – mindestens 4 bis 6 Wochen nach dem Start. Viele Aquarianer nutzen hier auch sogenannte „Silent Cycles“ mit Starterbakterien, um die Einlaufphase zu unterstützen.
Funktioniert das auch mit einem größeren Aquarium?
Grundsätzlich ja – allerdings wird es mit wachsender Größe und steigendem Besatz schwieriger. In Becken ab 60 Litern ist meist zumindest eine Notfalllösung (z. B. Schwammfilter mit Luftheber) sinnvoll. Wer jedoch einen natürlichen Stil wie ein Walstad- oder Biotop-Aquarium verfolgt, kann auch größere Becken erfolgreich ohne Filter betreiben – mit viel Geduld und Wissen.
Wie du die Wasserwerte im Blick behältst
Gerade bei einem Aquarium ohne Filter ist regelmäßiges Testen Pflicht. Achte vor allem auf:
- Ammonium/Nitrit: sollten dauerhaft nicht nachweisbar sein
- Nitrat: Werte bis 25 mg/l sind meist unproblematisch
- pH-Wert: sollte zu deinen Tieren und Pflanzen passen
- Leitwert: gibt Aufschluss über die allgemeine Wasserqualität
Was tun, wenn es kippt?
Bei plötzlichen Problemen (trübes Wasser, Fäulnisgeruch, tote Tiere) gilt: Sofortiger Teilwasserwechsel, Kontrolle aller Parameter und ggf. kurzfristiger Einsatz eines Filters oder einer Luftpumpe. Auch lebende Pflanzen, die schnell wachsen, können helfen, das Gleichgewicht zurückzuerlangen. Probiotische Bakterienprodukte können zusätzlich unterstützen.
Ein Aquarium ohne Filter ist möglich – aber nicht für jeden
Wenn du dich intensiv mit der Biologie im Aquarium auseinandersetzt, Geduld mitbringst und auf gute Pflanzen sowie geringe Besatzdichte achtest, kann ein Aquarium ohne Filter tatsächlich eine funktionierende und schöne Alternative sein. Es braucht jedoch Erfahrung, Fingerspitzengefühl und ein wachsames Auge. Für Anfänger ist diese Methode nur bedingt zu empfehlen – wer sich aber ein naturnahes, ruhiges Aquarium wünscht, findet hier eine spannende Herausforderung.
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